Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), äußert sich am Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine zur Gesamtsituation der Wirtschaft in Baden-Württemberg.
„Die Unternehmen in Baden-Württemberg sind bislang etwas besser durch die Krise gekommen, als zunächst aufgrund der hohen Energiepreise und der anhaltenden Inflation zu befürchten war. Dennoch bleibt die Situation äußerst angespannt und von enormen Unsicherheiten belastet“, erklärt Dick. Sorge äußert er über mögliche weitere Zinserhöhungen und deren dämpfende Wirkung auf das Wirtschaftsgeschehen. Auch jede weitere geopolitische Störung oder erneute Energie- und Lieferengpässe könnten die Hoffnung auf eine allmähliche Entspannung zunichtemachen. „Wir müssen weiterhin auf Sicht fahren und uns deutlich besser auf die globalen Veränderungen und Herausforderungen einstellen, sonst setzen wir die Zukunftsfähigkeit der baden-württembergischen Wirtschaft aufs Spiel“, so Dick.
Gestiegene Energiepreise als zentrales Problem
Vor einem Jahr startete Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die als Folge des Krieges massiv gestiegenen Energiepreise hätten sich zu einem großen Problem für die baden-württembergische Wirtschaft entwickelt, erklärt Dick. „Trotz eines Preisrückgangs bewegen sie sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dies stellt insbesondere energieintensive sowie mittelständische Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, vor enorme Herausforderungen“, sagt er. Viele Firmen hätten bereits ihre Belastungsgrenzen erreicht. Dick warnt vor Wettbewerbsnachteilen und Abwanderungen, vor allem in die USA.
Versorgungssicherheit immer wichtiger
Generell habe durch den Ukrainekrieg der Aspekt der Energieversorgungssicherheit einen noch höheren Stellenwert bekommen. „Die Politik, insbesondere in Baden-Württemberg, muss alle Hebel in Bewegung setzen, um die Energieversorgung insgesamt dauerhaft sicherzustellen und den Bezug zu diversifizieren“, erklärt der UBW-Hauptgeschäftsführer. Auch Erdgas-Förderung durch Fracking dürfe kein Tabu mehr sein. Zudem sollten alle verfügbaren Kohle- und Kernkraft-Kapazitäten bis Frühjahr 2024 am Strommarkt teilnehmen können, um die Gasverstromung insgesamt reduzieren zu können.
Blick auf aktuelle wirtschaftspolitische Fragen
Dick fordert die Bundesregierung dazu auf, Antworten auf die aktuellen Herausforderungen zu finden, zum Beispiel auf den Inflation Reduction Act der USA. Hier müsse die EU-Kommission auf eine Lockerung der Umsetzungsrichtlinien drängen. In Baden-Württemberg sei es wichtig, beim Bürokratieabbau mehr Geschwindigkeit hinzubekommen sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren drastisch zu beschleunigen. Bei den Lieferengpässen habe sich die Situation wieder entspannt, der Fach- und Arbeitskräftemangel stelle die Wirtschaft jedoch vor große Herausforderungen. „Mittlerweile klagt nahezu jedes zweite Unternehmen darüber, durch fehlende Fachkräfte ausgebremst zu werden“, so Dick. Zudem kritisiert er die EU-Lieferkettenrichtlinie und das deutsche Lieferkettengesetz. Dick: „Während andere Staaten in der aktuell herausfordernden Situation ihre Vorteile zu nutzen suchen, legen wir unsere global agierenden Unternehmen damit buchstäblich an die Kette.“