Bürkle: „Die industrielle Basis unseres Landes wird nicht mehr als Selbstverständlichkeit wahrgenommen“
Barta: „Die Bürger fordern weniger Bürokratie, bessere Rahmenbedingungen und verlässliche Prozesse“
Die baden-württembergische Bevölkerung zweifelt an der wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit des Landes. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW). „Die industrielle Basis unseres Landes wird nicht mehr als Selbstverständlichkeit wahrgenommen“, sagte UBW-Präsident Thomas Bürkle am Mittwoch in Stuttgart bei der Vorstellung der Umfrage. „Die Menschen im Land sind besorgt, und diese Besorgnis erschöpft sich nicht in kurzfristigen Stimmungswerten. Sie reicht tief in das Zukunftsvertrauen hinein. Wir müssen das ernst nehmen.“
Zum sechsten Mal in Folge erlebe man ein Jahr, das von Krise und Unsicherheit geprägt sei. „Das belastet nicht nur die Unternehmen, sondern zunehmend auch die Gesellschaft insgesamt“, bemerkte Bürkle. „Baden-Württemberg war und ist ein Land, das von industrieller Stärke lebt. Von der Kombination aus Innovationskraft, Technologieorientierung und einem produktiven Miteinander von Wirtschaft und Wissenschaft. Wenn dieses Fundament ins Wanken gerät, dann spüren das alle – Beschäftigte, Regionen, Kommunen, Betriebe und auch Familien.“
Die Mehrheit der baden-württembergischen Bevölkerung sehe die Lage der Industrie zurzeit kritisch, erklärte die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Prof. Dr. Renate Köcher. „Gleichzeitig ist die überwältigende Mehrheit überzeugt, dass die Industrie für das Land große Bedeutung hat. 79 Prozent gehen daher davon aus, dass eine fortgesetzte Schwächung der Industrie den Wohlstand im Land bedrohen würde. Insbesondere in der jungen Generation gibt es mittlerweile weit verbreitet die Befürchtung, dass das Wohlstandsniveau sinken wird und sie entsprechend nicht das Wohlstandsniveau ihrer Eltern erreichen werden“, erläuterte Köcher.
„Die Menschen sehen, wie die wirtschaftliche Substanz schwindet. Und sie ziehen daraus konkrete Schlüsse: für ihren Wohlstand, ihre Arbeit, ihre soziale Sicherheit,“ sagte UBW-Hauptgeschäftsführer Oliver Barta. „Das ist kein Alarmismus, sondern ein nüchterner Befund. Und er deckt sich mit dem, was uns viele Unternehmen seit Jahren berichten, aber auch die verschiedensten Branchenstudien zeigen.“ Die Erwartung der Bürger an die Landespolitik sei eindeutig, so der UBW-Hauptgeschäftsführer: „Der wirtschaftliche Rahmen muss wieder stimmen.“ Bemerkenswert sei, was die Menschen eher nicht wollten: neue Subventionsprogramme. Barta: „Sie fordern stattdessen weniger Bürokratie, bessere Rahmenbedingungen und verlässliche Prozesse. Das ist nichts anderes als eine Rückkehr zu wirtschaftlicher Vernunft.“
Entscheidend ist aus Sicht der UBW, dass die Landesregierung die Innovationskraft des Standorts sichert. „Ohne technologische Führerschaft verliert ein Hochlohnstandort wie unserer schnell an Gewicht“, erklärte Bürkle. Baden-Württemberg brauche schnellere Transfers von Forschung in die Wirtschaft, technologieoffene Förderung und bessere Bedingungen für Start-ups. Auch beim Bürokratieabbau müsse deutlich engagierter vorgegangen werden: „’One in, two out’ muss Standard werden.“ Zudem sei eine wettbewerbsfähige Energieversorgung unerlässlich. „Ohne verlässliche Energiepolitik verlieren wir Produktion und Investitionen – gerade im energieintensiven Südwesten.“
Gleichzeitig gelte es, die Arbeitskräftebasis im demografischen Wandel zu stärken. Konkret heißt das, die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss zu reduzieren, durch den Ausbau von Ganztagseinrichtungen mehr Eltern vollzeitnahe Beschäftigung zu ermöglichen sowie Zuwanderung am Arbeitsmarkt auszurichten. „Und wir brauchen funktionierende Infrastrukturen – bei der Digitalisierung, Logistik und der Energieversorgung“, betonte der UBW-Präsident. „Das sind nicht einfach nur Wünsche, sondern Grundvoraussetzungen für eine international stark vernetzte Wirtschaft – wie die in Baden-Württemberg.“

