Barta: „Das ist der Versuch, mit der politischen Brechstange Lohnfindung zur Staatssache zu machen“
Die baden-württembergische Wirtschaft hat den Vorstoß der Grünen-Bundestagsfraktion für eine neuerliche Reform des Mindestlohngesetzes scharf kritisiert. „Das ist der Versuch, mit der politischen Brechstange die Lohnfindung den Sozialpartnern zu entreißen und zur Staatssache zu machen“, sagte Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), am Mittwoch in Stuttgart: „Damit würden die vom Grundgesetz geschützte Tarifautonomie und das jahrzehntelang bewährte System des Interessensausgleichs durch die Sozialpartner weiter beschädigt.“
Aus guten Gründen habe die Politik 2015 nach der Einführung des Mindestlohns dessen weitere Entwicklung in die Hände einer unabhängigen Kommission gelegt, die von den Sozialpartnern, von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, gebildet wird. „Damit sollte auch verhindert werden, dass der Mindestlohn von Wahl zu Wahl zum Spielball eines politischen Überbietungswettbewerbs wird“, sagte Barta. Der gesetzliche Eingriff 2022, mit dem der Mindestlohn auf zwölf Euro angehoben wurde, sei ein erster schwerer Sündenfall und Vertrauensbruch gewesen, kritisierte der UBW-Hauptgeschäftsführer: „Ein neuerlicher Eingriff würde die Unabhängigkeit der Kommission endgültig zerstören. Ihre weitere Existenz wäre allenfalls noch ein Feigenblatt für die Politik.“
Leider gebe es auch in der SPD Stimmen, die einen gesetzlichen Eingriff befürworteten, um das Wahlversprechens eines Mindestlohns von 15 Euro bis 2026 einlösen zu können. Dies sei jedoch auch durch die bisherige Entwicklung nicht zu rechtfertigen, denn der Mindestlohn sei in den letzten zehn Jahren deutlich stärker gestiegen als die Tarifentgelte und die Verbraucherpreise, sagte Barta: „Die Bezieher des Mindestlohns haben also heute relativ mehr Geld in der Tasche als noch vor zehn Jahren. Deshalb dürfen jetzt nicht Grundprinzipien unserer Sozialen Marktwirtschaft über Bord geworfen werden.“ Ein noch höherer Mindestlohn sende zudem ein fatales Signal an junge Menschen, die nach dem Schulabschluss vor der Wahl stehen, eine Berufsausbildung zu machen oder gleich zu arbeiten, so der UBW-Hauptgeschäftsführer: „Je höher der Mindestlohn ist, desto unattraktiver erscheint da der mühsame Weg über die Ausbildung – auch wenn das natürlich kurzsichtig ist. Angesichts immer mehr junger Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung dürfen wir dieser Entwicklung aber nicht noch mehr Vorschub leisten.“
Der allgemeine Wunsch nach auskömmlichem Entgelt sei zwar nachvollziehbar. Doch letztlich könne auch Wunschdenken ökonomische Gesetzmäßigkeiten nicht aushebeln. „Wer gar mehr Lohn bezahlen muss, als er Umsatz macht, für den rechnet sich das nicht mehr“, sagte Barta. Zudem stelle sich dabei die Frage nach dem Maßstab.
Eine Mindestlohn-Anhebung belaste vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, weil diese geringere Gewinnmargen erwirtschaften könnten. Seien Unternehmen nicht mehr in der Lage, höhere Löhne zu bezahlen, könne dies auch ein Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge haben, so der UBW-Hauptgeschäftsführer weiter. Insgesamt führe eine Anhebung des Mindestlohns und die damit verbundene Erhöhung der Lohnkosten zu einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich.