Küpper: „Hoher Anteil an Jugendlichen zieht ungelernte Tätigkeiten einer qualifizierten Ausbildung vor“
Die baden-württembergische Wirtschaft warnt vor besorgniserregenden Tendenzen auf dem Ausbildungsmarkt. „Laut einer repräsentativen Umfrage im Rahmen der Bertelsmann-Studie ‚Ausbildungsperspektiven 2025‘ möchte jeder fünfte Jugendliche nach der Schule erst einmal arbeiten, anstatt eine formale Berufsausbildung aufzunehmen. Dieser hohe Anteil ist äußerst bedenklich – er droht, den demografisch bedingten Fachkräftemangel weiter zu verschärfen“, sagte Stefan Küpper, UBW-Geschäftsführer für Bildung, Arbeitsmarkt und Landespolitik, am Mittwoch in Stuttgart.
Ein Grund für diese Entwicklung sei der stark gestiegene Mindestlohn. „Der wachsende Abstand zu den Ausbildungsvergütungen, die ihrerseits auch durchaus dynamisch gewachsen sind, entfaltet eine falsche Lenkungswirkung. Für viele junge Menschen steigt dadurch das langfristige Beschäftigungs- und Einkommensrisiko, denn ohne Berufsausbildung sind die Karrierechancen deutlich eingeschränkt“, warnte Küpper, der auch Mitglied der UBW-Hauptgeschäftsführung ist.
Laut der Bertelsmann-Umfrage schätzen junge Menschen mit niedriger Schulbildung ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz deutlich pessimistischer ein als alle anderen. „Hier liegt offenbar ein weiterer Grund dafür, dass so viele Jugendliche keine Ausbildung anstreben“, erklärte Küpper. „Unsere Botschaft an die Jugendlichen ist klar: Traut Euch, bewerbt Euch auf eine Ausbildung!“ Gleichzeitig sei es entscheidend, dass die Betriebe die Potenziale von Schülern mit Hauptschulabschluss noch besser erkennen und nutzen, so der Arbeitsmarktexperte.
Jugendlichen müssten konkrete Ausbildungsperspektiven aufgezeigt werden, machte Küpper deutlich: „Das Wegbrechen der Berufseinstiegsbegleitung in Baden-Württemberg – verursacht durch die fehlende Ko-Finanzierung des Landes – hat hier leider eine empfindliche Lücke in der Förderkette hinterlassen. Was wir brauchen, ist eine individuelle und nahtlose Fördersystematik, die von der Unterstützung der Berufsorientierung in der Schule über den Berufseinstieg bis hin zur Ausbildung reicht.“
Die Vielfalt der Berufsbilder müsse für junge Menschen greifbarer und erlebbarer werden, erklärte der Arbeitsmarktexperte: „Sorgfältig vor- und nachbereitete Praxiserfahrungen sind vermutlich das wirksamste Element der Berufsorientierung.“ Zugleich müsse die Fülle an Informationen zu Ausbildungsberufen gezielt aufbereitet und strukturiert zugänglich gemacht werden – für Schülerinnen und Schüler, Eltern sowie Lehrkräfte in der Berufsorientierung. „Dabei sollten auch bestehende Strukturen wie das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT gezielt genutzt werden.“