Nach dem Ende der Ampel-Koalition drohen wichtige energiepolitische Gesetzesvorhaben kurzfristig auf der Strecke zu bleiben. Der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, allen voran die Industrie, würden dadurch nachhaltig gefährdet. Um eine sichere und bezahlbare Energieversorgung im Südwesten zu garantieren und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft wieder zu stärken, halten wir es für dringend notwendig, folgende Gesetzesvorhaben zügig umzusetzen:
Kohlendioxid-Speicherungsgesetz
Die baden-württembergische Wirtschaft benötigt einen rechtssicheren Rahmen für das Carbon Management – also die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlendioxid –, insbesondere für jene Branchen, die nicht zu vermeidende CO2-Emissionen generieren, wie beispielsweise die Chemie oder die Zementindustrie. Das geplante Auslaufen des Handels mit CO2-Emissionszertifikaten Ende der 2030er Jahre in der EU macht den Aufbau einer Kohlendioxid-Transport- und -Speicherinfrastruktur in Baden-Württemberg zwingend erforderlich. In Zusammenarbeit mit der Landesregierung wurde ein Positionspapier zum Carbon Management in Baden-Württemberg erarbeitet. Doch die vorgesehene Landesplanung kann nur weitergeführt werden, wenn auf Bundesebene der notwendige grundsätzliche Rechtsrahmen gesetzt wird. Das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) bildet die zentrale Grundlage für den Aufbau einer CO2-Infrastruktur. Ohne diesen Rechtsrahmen droht der Verlust von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in Schlüsselindustrien. Das Carbon Management ist eine unverzichtbare Säule der Transformation, um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg zukunftsfest zu machen und die Wertschöpfung im Land zu halten.
Gesetzesentwurf zur Steuerbarkeit von Photovoltaikanlagen (Auskopplung aus der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes)
Der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen ist ein zentraler Baustein der Energiewende auf dem Weg zur Klimaneutralität, auch und vor allem in Baden-Württemberg, wo die Windverhältnisse im Vergleich zum Norden Deutschlands weniger günstig sind. Der Ausbau erfolgt jedoch zum Teil recht kleinteilig. Rund die Hälfte der installierten PV-Leistung liegt unterhalb einer Grenze von 100 Kilowatt (kW) und daher kann nach aktueller Rechtslage die Einspeisung bzw. der Stromfluss nicht gesteuert werden. Dadurch speisen diese Anlagen unkontrolliert in das Stromnetz ein, was besonders in den Mittagsstunden im Frühling und Sommer zu erheblichen „Einspeisespitzen“ führt. Dies gefährdet die Systemstabilität massiv, sodass im Ernstfall ganze Netzstränge mit Erzeugern und Verbrauchern vom Netz genommen werden müssen. Es ist dringend erforderlich, dass die Netzbetreiber auch diese kleineren PV-Anlagen ansteuern und gegebenenfalls vom Netz nehmen können. Eine entsprechende Regelung findet sich in der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie das Messtellenbetriebsgesetz (MsbG) entsprechend anpasst. Insbesondere wird darin der „Smart-Meter-Rollout“ (Einführung von intelligenten Messsystemen) verbessert und weiterentwickelt zu einem „Smart-Grid-Rollout“ (Einführung von intelligenten Stromnetzen), um vorhandene Flexibilitäten besser nutzen zu können und damit das Energiesystem insgesamt stabiler und besser steuerbar zu machen. Eine sichere Energieversorgung ist für die baden-württembergische Wirtschaft von größter Bedeutung.
Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) ist derzeit beihilferechtlich nur für den Beginn des Dauerbetriebs von KWK-Anlagen sowie Wärme-/Kältenetzen bzw. Wärme-/Kältespeichern bis Ende 2026 genehmigt. Dies führt dazu, dass größere Anlagen bereits jetzt nicht mehr realisiert werden können, da die notwendige Investitionssicherheit fehlt. Auch für Projekte, die sich bereits im Bau befinden, stellt der aktuelle Geltungsrahmen keine ausreichende Investitionssicherheit mehr dar, da eine Fertigstellung der Bauvorhaben, einschließlich des Probebetriebes, bis Ende 2026 nicht garantiert werden kann. Diese Problematik betrifft sowohl die Inbetriebnahme der derzeit in Baden-Württemberg im Bau befindlichen KWK-Anlagen als auch dringend erforderliche neue Investitionen in die Infrastruktur wie Wärmespeicher und Wärmenetze. Um bestehende Projekte abzusichern und weitere Investitionen in den Fernwärmeausbau als ein zentrales Element der Wärmewende zu ermöglichen, ist es dringend notwendig, das KWKG zu verlängern. Nur so kann die Wärmewende im Land gelingen.
Darüber hinaus ist es unerlässlich, das Kraftwerksicherheitsgesetz (KWSG) nach der Bundestagswahl mit Nachdruck weiterzuverfolgen. Die Wirtschaft in Baden-Württemberg benötigt auch hier schnellstmöglich Planungs- und Investitionssicherheit hinsichtlich der zu bauenden Kraftwerke. Es gilt die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft zu gewährleistet.
Gesetzentwurf zur Gasspeicherumlage aus der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
Dieser Gesetzentwurf sieht vor, das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) so anzupassen, dass die Erhebung der Gasspeicherumlage auf inländische Entnahmestellen (sowohl für Registrierende Leistungsmessungen/RLM für größere Verbraucher als auch für das Standard-Last-Profil/SLP für kleinere Verbraucher) beschränkt wird. Dadurch sollen Grenzübergangspunkte (GÜP) bzw. virtuelle Grenzkopplungspunkte (VIP) von der Gasspeicherumlage ausgenommen werden. Mit dieser Anpassung wird den europäischen Regelungen Folge geleistet und der Kritik begegnet, dass die aktuelle Regelung im EnWG im Widerspruch zum EU-Recht steht. Damit wird bis zum verbleibenden Erhebungszeitraum bis Ende März 2027 Rechtssicherheit geschaffen. Auch unsere europäischen Nachbarn und die EU-Kommission fordern eine entsprechende Anpassung. Die Klarstellung im Gesetz ist ein wichtiger Beitrag zu verlässlichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft und die Verbraucher.
Diese genannten Gesetzesvorhaben sind für die baden-württembergische Wirtschaft von großer Bedeutung, damit die Energieversorgung gesichert und die Wettbewerbsfähigkeit wieder gestärkt werden. Darüber hinaus gibt es weitere bedeutende energiepolitische Themen, die nach der Bundestagswahl zügig angegangen werden müssen. Hierbei ist insbesondere eine Reform der Netzentgelte zu nennen, da diese ein starker Kostentreiber der Energiewende sind.
(Veröffentlicht am 10. Januar 2025)