Im Juni 2023 ist die EU-Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft getreten. Sie muss nun bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Dies macht eine Anpassung des deutschen Entgelttransparenzgesetzes von 2017 erforderlich.
Unsere Forderungen
Die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie in nationales Recht muss
- mit so wenig Bürokratiebelastung wie möglich,
- rechtssicher und
- unter Ausschöpfen der von der Richtlinie vorgesehenen Freiräume
- erfolgen.
Das bedeutet insbesondere, dass es weiterhin möglich sein muss, das Entgelt individuell auch anhand der in der Richtlinie ausdrücklich genannten objektiven Kriterien, wie Leistung, Kompetenz und Betriebszugehörigkeitszeiten, zu bestimmen.
Die Forderungen im Einzelnen:
1. Kein ausufernder Entgeltbegriff
Die Entgelttransparenzrichtlinie definiert das Entgelt sehr weit. Hier muss der deutsche Gesetzgeber eine Umsetzung in das deutsche Recht im Licht des geltenden nationalen Systems finden.
Die Berücksichtigung von Benefits – inkl. z.B. der betrieblichen Altersvorsorge – wäre wegen aufwendiger Berechnungen für die Vergleichbarkeit für viele Unternehmen nicht leistbar, bzw. wenn überhaupt, dann nur mit unverhältnismäßigem Aufwand. Auch muss sich der Entgeltbegriff in das bestehende System einpassen. So wäre es systemwidrig, Geldleistungen des Arbeitgebers, wie z.B. Abfindungen, als Arbeitsentgelt zu qualifizieren. Die Entgeltbestandteile sollten eindeutig definiert sein, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
2. Öffnungsklausel/Erleichterungen für tarifgebundene / tarifanwendende Unternehmen
Wie bereits im aktuellen Entgelttransparenzgesetz enthalten, braucht es auch in einem zukünftigen Gesetz eine weitgehende Erleichterung für Unternehmen, die entweder tarifgebunden sind oder Tarifverträge anwenden. Tarifverträge sind der Garant dafür, dass die Entgelte nach objektiven Kriterien und geschlechtsunabhängig festgelegt werden.
3. Soft Skills und Leistung müssen weiterhin vergütungsrelevant sein können
Es muss die tatsächliche Möglichkeit geben, dass bei einer individuellen Bewertung der Leistung und der Arbeitsqualität auch „Soft Skills“ berücksichtigt werden können. Für eine rechtssichere Umsetzung könnten hier z. B. Beweiserleichterungen für Arbeitgeber im Gesetz vorgesehen werden: Der Arbeitnehmer müsste in einem solchen Fall verpflichtet sein, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass eine vom Arbeitgeber vorgetragene Differenzierung diskriminierend ist. Ansonsten wären die Vorgaben der Richtlinie reine Lippenbekenntnisse, die in der Praxis nicht umsetzbar sind.
Denn wird nicht explizit im Gesetz geregelt, dass Arbeitgeber aufgrund ihrer eigenen Einschätzung – zumindest bis zu einem gewissen Grad – die Leistung und sonstige Kompetenzen, Erfahrungen und „Soft Skills“ bei der Entgeltfindung einfließen lassen können, wird es im Ergebnis dazu kommen, dass alle Beschäftigten absolut gleich bezahlt werden müssen und es keinen Anreiz gibt, die individuelle Leistung zu steigern.
4. Entgeltentwicklungen rechtssicher ermöglichen
Um Arbeitgebern Rechtssicherheit zu geben, muss ausdrücklich im Gesetzeswortlaut geregelt werden, dass objektive Kriterien, wie Leistung, Kompetenzentwicklung und Dienstalter bei der Entgeltfindung angewandt werden dürfen.
5. Pauschale, abstrakte Information muss ausreichen
Die Entgelttransparenzrichtlinie sieht vor, dass Arbeitgeber die Beschäftigten jährlich über das Bestehen und die Schritte zur Wahrnehmung des Auskunftsanspruchs informieren müssen. Dafür muss eine abstrakte Information genügen.
Eine Pflicht der Arbeitgeber, nachweisbar die einzelnen Beschäftigten über den Auskunftsanspruch, zu informieren, ist weder notwendig, noch wäre das den Arbeitgebern zumutbar.
6. Häufigkeit des Auskunftsanspruchs muss begrenzt werden
Es muss eine Karenzzeit für eine erneute Geltendmachung des Auskunftsanspruchs vorgesehen werden. Derzeit ist im Entgelttransparenzgesetz eine erneute Geltendmachung des Auskunftsanspruchs erst nach 2 Jahren möglich, diese Frist ist zu übernehmen.
7. Textform muss ausreichen
Auch wenn die Entgelttransparenzrichtlinie bei der Antwort auf den Auskunftsanspruch von „schriftlich“ spricht, so muss der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Digitalisierung die „Textform“ (z. B. E-Mail) ausreichen lassen. Auch vor dem Hintergrund des Bürokratieentlastungsgesetzes IV, in dem etliche Formerleichterungen umgesetzt wurden, wäre die Schriftform in einem neuen Entgelttransparenzgesetz nicht nachvollziehbar.
8. Gleichlauf der Berichterstattungspflichten
Um nicht unnötig Bürokratie und überflüssigen Aufwand für die Unternehmen zu schaffen, muss für die Berichtspflichten zu gleichen Themen, z. B. „Equal Pay“ nach der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie und der Entgelttransparenzrichtlinie, ein Gleichlauf hergestellt werden.
9. Ausnutzen der Schwellenwerte
Im Sinne einer Bürokratieentlastung darf der deutsche Gesetzgeber kleine Unternehmen, die von den Pflichten der Entgelttransparenzrichtlinie ausgenommen sind, nicht überobligatorisch mit Pflichten belasten.
10. Frist für Auskünfte durch die Arbeitgeber ausschöpfen
Die in der Richtlinie maximal vorgesehene Frist von zwei Monaten für eine Antwort auf ein Auskunftsverlangen, ist voll auszuschöpfen.