Barta: „Überfällige Reformen müssen dennoch dringend angegangen werden, Sparbemühungen und Prioritätensetzung im Haushalt dürfen nicht auf der Strecke bleiben“
Die baden-württembergische Wirtschaft fordert die künftige Bundesregierung dazu auf, die Standortbedingungen für die Unternehmen in Deutschland massiv zu verbessern, überfällige Reformen in der sozialen Sicherung entschlossen anzugehen und die Sparbemühungen im Bundeshaushalt deutlich zu erhöhen. „Angesichts der Finanzierungswege für Verteidigung und Infrastruktur, auf die sich Union und SPD in den Sondierungsgesprächen verständigt haben, drohen nun der Reformeifer zu erlahmen und die expansive Haushaltspolitik der vergangenen Jahre ungebremst fortgeführt zu werden“, sagte Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), am Mittwoch in Stuttgart.
Angesichts der gravierenden geopolitischen Veränderungen seien Europa und Deutschland in Sicherheitsfragen mehr gefordert denn je. „Deshalb ist es sicherlich richtig, jetzt die Grundlagen für die langfristige Finanzierung von Verteidigungsausgaben zu sichern“, sagte Barta: „Auch die Wirtschaft profitiert von politischer Stabilität – und für deren Garantie ist eine ausreichende Verteidigungsfähigkeit unabdingbar.“
Kritisch bewerten die UBW jedoch, dass mit der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und einem Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen gleich zwei Finanzierungsventile für den Bundeshaushalt in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro geschaffen werden sollen. „Der Investitionsstau bei der Infrastruktur ist zweifellos gewaltig. Aber das zählt zu den staatlichen Kernaufgaben, die über den allgemeinen Haushalt finanziert werden sollten“, sagte Barta: „Mit der geplanten massiven Ausweitung der staatlichen Ausgaben wird die Inflation weiter befeuert. Die Zinslast steigt dramatisch, die Rückzahlung der Schulden wird den nachfolgenden Generationen aufgebürdet. Auch fehlt in dem Infrastrukturpaket eine ausreichende Konkretisierung der geplanten Maßnahmen. Das ist ein Freibrief für künftige Bundesregierungen, das Geld dafür auszugeben, was man gerade für opportun hält.“
Die Lockerung der Schuldenbremse für den Verteidigungsetat und die Auslagerung der Infrastrukturkosten in ein Sondervermögen schaffe im Bundeshaushalt zusätzliche Ausgabenspielräume. „Die Gefahr ist riesig, dass dann noch mehr Geld mit beiden Händen für eine expansive Sozialpolitik ausgegeben wird, die weder nachhaltig noch generationengerecht wäre“, sagte Barta: „Sollte die Politik den eingeschlagenen Weg weitergehen, braucht es hier eine zwingende Verknüpfung an strikte Sparvorgaben und eine klare Priorisierung der Ausgaben. Beides fehlt in diesem Paket bislang komplett.“
Gerade angesichts der enormen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen Deutschland stehe, müsse es jetzt aber darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken, überfällige Reformen anzugehen und bei den staatlichen Ausgaben klare Prioritäten zu setzen. „Eine Korrektur des vermurksten Bürgergelds, eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rente, aber auch deutliche Effizienzsteigerungen in der Krankenversicherung und der Pflege dürfen jetzt nicht auf der Strecke bleiben“, so der UBW-Hauptgeschäftsführer. Spielräume sollten vielmehr dazu genutzt werden, die Steuern und Abgaben für Bürger und Betriebe zu senken oder Innovationen und Investitionen am Standort Deutschland zu fördern. „Viel Geld verleitet leider dazu, politische Differenzen mit gegenseitigen Klientelgeschenken zuzuschütten“, sagte Barta: „Sollte die künftige Bundesregierung diesen Weg gehen, droht unserem Land jedoch ein anhaltender Stillstand.“