Barta: „Tarifverträge müssen sich wieder darauf beschränken, Mindestbedingungen zu regeln, die die Betriebe nicht überfordern“
Zu den aktuellen Zahlen zur Tarifbindung in Deutschland erklärt Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW):
„Die gelebte Sozialpartnerschaft im Rahmen der Tarifautonomie hat über Jahrzehnte hinweg zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands beigetragen. Das vom Grundgesetz geschützte Privileg der Wirtschaftsakteure, wesentliche Arbeitsbedingungen ihrer jeweiligen Branche selbst regeln zu dürfen, lebt von der freiwilligen Beteiligung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Daher beobachten auch wir die sinkende Tarifbindung und schwindende Akzeptanz für dieses System – bei Arbeitgebern wie auch bei den Arbeitnehmern – mit wachsender Sorge.
Je weniger Beschäftigte und Betriebe mitmachen, desto geringer ist die Wirkmacht von Tarifverträgen. So wächst die Gefahr, dass der Gesetzgeber glaubt, die entstehenden Regelungslücken selbst schließen zu müssen. Politisch motivierte Gesetze sind aber nie die bessere Lösung als Tarifverträge, die von Praxiswissen und -nähe der verhandelnden Parteien profitieren. Die Tarifbindung zu stabilisieren oder gar wieder zu erhöhen, liegt daher im gemeinsamen Interesse von Arbeitgebern und Gewerkschaften.
Dies erreicht man jedoch nicht durch Zwänge wie etwa bestehende oder geplante Tariftreuegesetze auf Landes- und Bundesebene. Auch die wiederholte politisch motivierte Erhöhung des Mindestlohns trägt nicht zur Erhöhung der Tarifbindung bei. Vielmehr höhlt sie die Tarifautonomie Schritt für Schritt aus, indem sich der Mindestlohn in bestehende Tarifgefüge hineinfrisst und die eigenständige Rechtssetzung durch Tarifverträge der Sozialpartner überflüssig macht.