20. Januar 2025

Tarifautonomie verträgt keinen Zwang

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„Tariftreueregelungen“ verpflichten Arbeitgeber, ihren Beschäftigten bestimmte Arbeitsbedingungen (z.B. Entgelt, Urlaubsanspruch, Arbeitszeit) zu gewähren, wenn sie sich um bestimmte öffentliche Aufträge im Rahmen von Vergabeverfahren bewerben.

Entwurf eines Bundestariftreuegesetzes

Im Juli 2025 wurde ein neuer Entwurf eines Tarifreuegesetzes für Vergabefahren von Bundesinstitutionen und -behörden auf den Weg gebracht. Bereits 2023 hatte es einen ersten Gesetzesentwurf für ein Bundestariftreuegesetz gegeben, der sich mit dem Bruch der Ampelkoalition jedoch erledigte. Auch der nun vorgelegte Entwurf verkennt die Belastungen für die Wirtschaft durch solche Regelungen und ist daher strikt abzulehnen. Was wir jetzt brauchen, ist Mut zur Klarheit: Solche Vorhaben gehören gestoppt. Die Energie muss in die Stärkung der Wirtschaft fließen – nicht in ihre Belastung.

Forderungen:

Kein bürokratisches Tarifzwanggesetz

Tariftreueregelungen sind unvereinbar mit den vom Grundgesetz geschützten Grundsätzen der Tarifautonomie und der Koalitions- und Arbeitsvertragsfreiheit. Mit einer konstitutiven Tariftreueregelung müssen die an einem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen die Arbeitsbedingungen einhalten, die staatlicherseits vorgegeben werden. Dies soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf selbst dann gelten, wenn sie an einen eigenen Tarifvertrag gebunden sind.

Das sogenannte „Tariftreueversprechen“ bedeutet somit einen verfassungsrechtlich fragwürdigen Tarifzwang. Die Hoffnung auf mehr Tarifbindung reicht nicht als Begründung für ein solches Gesetz. Bei entsprechenden Tariftreueregelungen auf Landesebene hat sich vielmehr gezeigt, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt, solche Gesetze jedoch mehr Schaden, Vertrauensverlust und Frust hervorrufen.

Keine Unnötige Belastung für die Wirtschaft

Durch Tariftreuevorgaben entstehen vor allem neue bürokratische Hürden und Kosten – für Unternehmen und die Seite der öffentlichen Auftraggeber. Der Nachweis-, Prüfungs- und Kontrollaufwand wird unverhältnismäßig zunehmen. Das wird sich negativ auf die Zahl und die Vielfalt bei den Bietern auswirken. Schon jetzt gibt es bei öffentlichen Aufträgen des Bundes in rund 30 Prozent der Ausschreibungen nur einen Bewerber. Die Preise und somit die Haushaltsausgaben werden steigen, während an anderer Stelle Mittel für dringende Investitionen fehlen.

In der Vergangenheit haben mehrere Evaluationen von Landesvergabegesetzen gezeigt, dass gerade die wettbewerblichen Ziele der Landesgesetzgeber häufig nicht erreicht werden können. So kam eine Auswertung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes Baden-Württemberg zu dem Schluss, dass sich kein direkter kausaler Effekt in Bezug auf eine Verbesserung des Wettbewerbs eingestellt habe.

Keine Benachteiligung kleinerer und mittlerer Unternehmen

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen würden wegen der bürokratischen Vergabeverfahren von einer Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen abgeschreckt.

Vergabestellen berichten im Rahmen der Evaluationen der Landesvergabegesetze von einer Verkleinerung des Bieterkreises. Mit der Umsetzung der vergaberechtlichen Anforderungen ist ein hoher Vollzugs- und Bürokratieaufwand verbunden. Dieser hat insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe eine abschreckende Wirkung.

Ausreichender Schutz bereits vorhanden

Über den Hebel des Vergaberechts werden so weitere Mindestentgelte statuiert. Dabei garantieren die bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen angemessene Mindestentgelte für Beschäftigte.

2015 wurde der allgemeine Mindestlohn eingeführt. Für alle Branchen steht zudem die Möglichkeit offen, branchenbezogene Mindestentgelte über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) zwingend verbindlich zu erklären oder Tarifverträge nach § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) für allgemeinverbindlich zu erklären. Es besteht also ein umfassendes System von Lohnuntergrenzen, das einen ausreichenden Arbeitnehmerschutz und Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen sicherstellt.

Ausnahme für Bundeswehr entlarvt Schwächen des Gesetzesvorhabens

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht für die Bundeswehr eine Ausnahme vor. Für sie gilt das Gesetz bis zum Jahresende 2032 nicht. Das ist zwar erfreulich, zeigt aber zugleich, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass der vorliegende Entwurf Vergaben deutlich verkompliziert, verlangsamt und ggf. auch verteuert – ein klares Eingeständnis.
Dabei ignoriert die Politik, dass auch die Wirtschaft von der geopolitischen Brisanz betroffen ist und es sich daher verbietet, bürokratielastige und lähmende Gesetze voranzutreiben. Diese sind Gift für die Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Stand: 30.07.2025

Volker Steinmaier | UBW – Unternehmer Baden-Württemberg e.V.

Volker Steinmaier

Referatsleiter Medienarbeit Print, Rundfunk und TV

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Philipp Merkel

Philipp Merkel

Geschäftsführer Arbeitsrecht