Barta: „Urteil setzt der EU aber auch klare Grenzen und zeigt auf, dass es weniger Regulierung und weniger Eingriffe in die Sozialpolitik der Mitgliedsstaaten braucht“
Nach dem heutigen Urteil des EuGH haben weite Teile der EU-Mindestlohnrichtlinie weiterhin Bestand. Dazu erklärt Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW):
„Es ist bedauerlich, dass der EuGH die EU-Mindestlohnrichtlinie nicht in Gänze für nichtig erklärt hat, wie es der Generalanwalt empfohlen hatte. Dennoch sendet das Urteil auch das klare Signal: Europa braucht nicht mehr, sondern weniger Regulierung und weniger Eingriffe in die Tarifautonomie und Sozialpolitik der Mitgliedsstaaten. Der EuGH zieht hier zu Recht klare Grenzen für die EU.
Löhne und Tarifstrukturen gehören in nationale Hände. Mindestlöhne und Tarifpartnerschaft sind Kernkompetenzen der Mitgliedstaaten und dürfen von der EU nicht weiter politisiert werden. Arbeitsentgelte müssen dort gestaltet werden, wo Betriebe und Sozialpartner Verantwortung tragen. Sie kennen die wirtschaftliche Realität in den Branchen, Regionen und Betrieben am besten. Kleinteilige europäische Vorgaben gefährden die Flexibilität, die es für praxisnahe und passgenaue Lösungen für die jeweiligen Branchen in den einzelnen Ländern braucht.
Die Vorgabe für den nationalen Gesetzgeber, einen Aktionsplan zur Förderung der Tarifbindung zu erstellen, bleibt nach diesem Urteil leider bestehen. Das ist aber kein Freibrief dafür, nun politisch Tarifbindung mit der Brechstange erzwingen zu dürfen. Zwangsgesetze wie das geplante hochbürokratische Bundestariftreuegesetz bezwecken genau das Gegenteil, indem sie den Grundsatz der Tarifautonomie, die Freiwilligkeit des Systems beschädigen. Hier braucht es ein Umdenken in der deutschen Politik, denn nationale Überregulierung („Gold Plating“) im vorauseilenden Gehorsam ist kontraproduktiv und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit.
Das deutsche Mindestlohngesetz ist von dem EuGH-Urteil nicht unmittelbar betroffen. Denn es regelt richtigerweise klar, dass die Mindestlohnkommission über die Entwicklung der Mindestlohnhöhe entscheidet. Allerdings wäre die Kommission gut beraten, ihre erst vor Kurzem neu festgelegte Geschäftsordnung zu hinterfragen – insbesondere die neu aufgenommene Koppelung an Orientierungswerte der EU-Richtlinie. Denn einen entsprechenden Automatismus verlangen die EU-Vorgaben gerade nicht.“

