Barta: „Die Forderungen nach noch kürzeren Arbeitszeiten oder zusätzlichen Urlaubstagen gehen in eine völlig falsche Richtung“
Die Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) fordern eine ehrliche gesellschaftliche Debatte über längere Arbeitszeiten und mehr Leistungsbereitschaft. „Deutschland steckt in der Krise. Die Wettbewerbsfähigkeit hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, die Konjunkturaussichten sind sehr verhalten. Und durch den demografischen Wandel wird sich der Fachkräftemangel mittel- und langfristig drastisch verschärfen“, sagte Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), am Freitag in Stuttgart: „Die Antwort darauf kann jedenfalls nicht sein, dass wir alle zusammen immer weniger arbeiten.“
Deutschland zähle im internationalen Vergleich zu den Ländern mit den niedrigsten Arbeitsstunden pro Arbeitnehmer, während die Zahl der Urlaubs- und Feiertage überdurchschnittlich hoch sei, sagte Barta: „Deshalb gehen aktuelle Forderungen von Politik und Gewerkschaften nach noch kürzeren Arbeitszeiten, zusätzlichen Urlaubstagen oder einem früheren Renteneintritt in eine völlig falsche Richtung.“ Vielmehr müsse man schauen, wie die Zahl der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland gesteigert werden könne, so der UBW-Hauptgeschäftsführer: „Ein wichtiger Stellhebel sind da zum Beispiel die vielen Teilzeitkräfte, denen wir mehr Vollzeit- oder vollzeitnahe Beschäftigung ermöglichen sollten – insbesondere jungen Eltern, die dafür allerdings auch eine verlässliche Kinderbetreuung benötigen.“
Die Diskussion über längere Lebensarbeitszeiten sollte ebenfalls ohne Scheuklappen geführt werden, forderte Barta: „Viele gesunde Arbeitnehmer gehen vorzeitig Rente, obwohl sie noch gut länger arbeiten könnten. Da setzt die sogenannte ‚Rente mit 63‘ völlig falsche Anreize.“ Auch die Abschaffung eines Feiertags dürfe kein Tabu sein: „Ein zusätzlicher Arbeitstag würde die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen steigern und wichtige Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen.“
Wenig Verständnis habe er, wenn selbst in Branchen mit akutem Personalmangel über kürzere Arbeitszeiten diskutiert werde oder diese sogar umgesetzt würden. Als Beispiel nannte Barta die Bahn: „Dabei weiß doch jeder Bahnpendler, wie viele Züge bereits heute wegen Personalmangels ausfallen.“ Aktuelle Diskussionen in verschiedenen Handwerksbranchen über mehr Freizeit gingen genauso in die falsche Richtung. „Auch das Handwerk sucht händeringend Nachwuchs- und Fachkräfte, findet sie aber immer weniger“, so der UBW-Hauptgeschäftsführer. Da helfe auch die Behauptung nicht weiter, mit kürzeren Arbeitszeiten erhöhe man seine Attraktivität als Arbeitgeber und locke so mehr Fachkräfte an: „Erstens ist dieser Vorteil spätestens dann weg, wenn alle kürzer arbeiten. Zweitens bleibt dann noch mehr Geschäft liegen.“
Barta appellierte an Politik, Gewerkschaften, Bürger und Betriebe, sich darauf zu konzentrieren, „wie wir alle gemeinsam mehr leisten können – nicht weniger. Der Fokus muss darauf liegen, die Wirtschaft wieder ins Laufen zu bekommen, Arbeitsplätze zu sichern und unseren Wohlstand zu erhalten.“ Baden-Württemberg sei ein Land, das sich stets durch Fleiß und Innovationskraft ausgezeichnet habe. „Diese Werte sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern der Schlüssel für unsere Zukunft“, unterstrich Barta.