Barta: „Es fehlt nicht an den Produkten, sondern an den Rahmenbedingungen“
Zum morgigen Autogipfel im Kanzleramt erklärt Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW):
„Die baden-württembergische Wirtschaft bekennt sich zu den EU-weit gesteckten Klimazielen. Dabei führt auch im Mobilitätssektor kein Weg an der Klimaneutralität, d.h., an Elektromobilität und anderen CO2-freien Antrieben vorbei. Unsere Industrie hat sich längst auf diesen Weg gemacht, Milliarden in neue Technologien und Produkte investiert, doch der Hochlauf der Elektromobilität bleibt bislang weit hinter den gesteckten Zielen und Erwartungen zurück – was die gesamte Automobilwirtschaft massiv unter Druck setzt, wie auch die aktuellen Produktionsrückgänge und Meldungen zu Personalabbau belegen.
Hauptgrund für den zu langsamen Technologiewechsel sind die mangelhaften Rahmenbedingungen, nicht fehlende Angebote der Hersteller. So lange ‚Reichweitenangst‘ grassiert und in der Gesamtbilanz keine Kostenvorteile bestehen, fehlt bei den Verbrauchern das Vertrauen in die Elektromobilität. Deshalb erwarten wir vom Autogipfel in Berlin ein klares Bekenntnis der Politik, diese Rahmenbedingungen nun mit einer außerordentlichen Kraftanstrengung schnellstmöglich zu schaffen.
Es gilt, die Ladeinfrastruktur deutlich zu verbessern und die Stromnetze so auszubauen, dass die Kunden ihre Autos dort laden können, wo sie sich länger aufhalten – in den Wohngebieten, nahe der Arbeit, beim Einkauf. Die Ladepreise müssen attraktiver, das Bezahlen muss einfacher und einheitlicher werden. Angesichts des preisaggressiven Wettbewerbs aus Asien wären steuerliche Vergünstigungen für elektrische Neu- und Gebrauchtwagen sinnvoll. Die angekündigte Verlängerung der Kfz-Steuer-Befreiung für Elektroautos bis 2035 begrüßen wir. Weitere Unterstützung benötigt unsere Industrie aktuell beim Aufbau von Batterietechnologie in Deutschland, bei der Sicherung der Rohstoffversorgung oder bei der Sicherung der Liquidität der Zulieferer.
Ob das EU-weit geplante Verbrenner-Aus bis 2035 überhaupt erreicht werden kann, ohne einen irreparablen Schaden in unserer Industrie zu verursachen, wird davon abhängen, wie schnell und effizient diese und weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht werden und Wirkung entfalten. Aus heutiger Sicht sind daran jedoch massive Zweifel angebracht, allein schon, weil eine ausreichende Versorgung mit Rohstoffen und Batterien für eine zu 100 Prozent batterieelektrische Automobilproduktion in Europa kaum in Sicht ist.
Deshalb müssen jetzt schon die Weichen so gestellt werden, dass der Technologieübergang ggf. flexibler erfolgen kann. Dazu zählen eine bessere Anrechenbarkeit von erneuerbaren Kraftstoffen auf die CO2-Ziele, ein pragmatischer Umgang bei der Anrechnung von Hybridantrieben und auch mehr Flexibilität bei den vorgesehenen Zwischenzielen. Denn aktuell hinken wir den Hochlaufplänen meilenweit hinterher, so dass die etappenweise Verschärfung der Flottengrenzwerte zu weiteren Belastungen für die Industrie führen würde und so die Chance verringert, das große Ziel doch noch rechtzeitig zu erreichen. Auch dazu erwarten wir vom Autogipfel ein eindeutiges Signal, dass wir hierfür mit der geschlossenen Unterstützung der Bundesregierung in Brüssel rechnen können.“