Barta: „Wir haben in Teilen der Politik ganz offensichtlich ein Erkenntnisproblem, wo jetzt die Prioritäten gesetzt werden müssen“
Zu den aktuellen BIP-Zahlen für das dritte Quartal 2025 erklärt Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW):
„Zu seinem Amtsantritt hat Bundeskanzler Merz eine Politik angekündigt, die die Bürger schon im Sommer spüren lasse, dass es vorangeht und die Dinge im Land sich zum Besseren verändern. Mittlerweile haben wir Herbst, aber in der Wirtschaft ist von diesem Versprechen kaum etwas angekommen. Im Gegenteil: Die Wirtschaftsleistung stagniert weiterhin. Allein in der baden-württembergischen Industrie gehen Tag für Tag deutlich mehr als 100 Arbeitsplätze verloren.
Die meisten Unternehmen rund um den Globus stehen durch Veränderungsprozesse wie Digitalisierung, Elektromobilität oder KI gewaltig unter Druck. Hinzu kommen geopolitische Erschwernisse wie Handelsstreitigkeiten, Zölle oder die Verknappung von Rohstoffen und Vorprodukten. Dennoch wächst die Weltwirtschaft weiter. Nicht jedoch am Standort Deutschland: Hier verhindern zusätzlich mangelhafte Rahmenbedingungen zunehmend ein erfolgreiches Wirtschaften.
Die wirtschafts- und sozialpolitische Zeitenwende ist angesichts dieser dramatischen Veränderungen und Herausforderungen überfällig. Aber kraftvolle politische Antworten lassen weiter auf sich warten. Die schwarz-rote Koalition verhakt sich nach einem noch soliden Start mittlerweile in Streitigkeiten um Richterposten, Wehrpflicht oder Stadtbilder. Der ‚Herbst der Reformen‘ bleibt bislang vor allem Ankündigung. Statt Reformen gibt es Kommissionen oder grundfalsche Weichenstellungen wie das milliardenschwere Rentenpaket, das weder nachhaltig noch generationengerecht ist. Überflüssiges wie das Bundestariftreuegesetz wird vorangetrieben, Überfälliges wie die Reform des Arbeitszeitgesetzes verzögert. Wir haben ganz offensichtlich nicht nur ein Umsetzungsproblem, sondern in Teilen der Politik auch ein Erkenntnisproblem, wo jetzt die Prioritäten gesetzt werden müssen.
Es braucht jetzt eine ehrliche gesellschaftliche Debatte darüber, was erforderlich ist, und ein entschlossenes Anpacken, um den weiteren Abstieg Deutschlands zu verhindern: bei den Belastungen für Betriebe und Bürger, bei der Reform der sozialen Sicherung, beim Abbau der unsäglichen Bürokratie, bei der Modernisierung eines Staates, der endlich wieder das Gefühl vermittelt, dass unser Land noch funktioniert.
Viel Mut braucht es dafür gar nicht. Denn die Bürgerinnen und Bürger sind hier schon viel weiter als die Politik. Sie spüren längst tagtäglich, dass es so nicht weitergeht. Deshalb wenden sie sich mehr und mehr von der bisherigen Politik ab, auch wenn die vermeintlichen Alternativen gar keine Lösungen anbieten. Diesen Trend kann man ebenfalls nur mit einer besseren Politik, die die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft in den Fokus stellt, stoppen.“

