Dick: „Bürokratiemonster endlich an die Kette legen, statt es weiter zu füttern“
STUTTGART – Die baden-württembergische Wirtschaft fordert die Landesregierung dazu auf, das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG) umgehend abzuschaffen. „Wenn die Landespolitiker es wirklich ernst meinen mit dem Bürokratieabbau, können sie hier ein starkes Zeichen setzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), Peer-Michael Dick, am Montag anlässlich einer Anhörung zu einem von der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzentwurf zur Verschärfung des LTMG.
Das vor zehn Jahren in Kraft getretene Gesetz verpflichtet Anbieter bei öffentlichen Aufträgen, geltende tarifliche Regelungen einzuhalten und dies auch in der gesamten Nachunternehmerkette sicherzustellen. Der SPD-Gesetzentwurf sieht nun vor, den Geltungsbereich des LTMG auch auf kleinere Aufträge auszudehnen (künftig ab 10.000 Euro statt ab 20.000 Euro), statt des bundesweiten Mindestlohns die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes des Landes als Maßstab zu nehmen und weitere Vergabekriterien zur Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial) aufzunehmen. Auch die grün-schwarze Koalition arbeitet an einem eigenen Gesetzentwurf.
Aus Sicht der baden-württembergischen Wirtschaft ist das Gesetz jedoch spätestens mit Einführung des bundesweiten gesetzlichen Mindestlohns überflüssig geworden. „Arbeitnehmerentsendegesetz und Mindestlohn bieten bereits einen ausreichenden Schutz“, sagt UBW-Hauptgeschäftsführer Dick: „Zusätzliche landesspezifische Regelungen überziehen die Gesamtwirtschaft und die ausschreibenden Kommunen nur mit weiterer und unnötiger Bürokratie. Das hat der Normenkontrollrat des Landes bereits vor fünf Jahren festgestellt.“
Mit dem SPD-Vorstoß gehe man hier nun weiter in die völlig falsche Richtung. Die geforderte Ausdehnung würde zu einer weiteren Überfrachtung der Vergabeverfahren und zur bürokratischen Überforderung der ausschreibenden Kommunen, aber auch der Unternehmen führen. Es würde nämlich an Ressourcen fehlen, um die Umsetzung der uferlosen Vorgaben zu kontrollieren. „Auch ist zu befürchten, dass sich insbesondere kleine und mittelständische regionale Unternehmen, das
Rückgrat unserer Wirtschaft im Land, aus öffentlichen Auftragsvergaben zurückziehen werden – weil sie an überzogenen bürokratischen Hürden scheitern“, kritisiert Dick: „Damit würde man das Bürokratiemonster weiter füttern, anstatt es endlich an die Kette zu legen.“
Der UBW-Hauptgeschäftsführer kritisiert, dass sich Auftragnehmer bei öffentlichen Vergaben schon heute mit unterschiedlichen länderspezifischen Regelungen auseinandersetzen müssten. Hinzu komme noch, dass die Bundesregierung derzeit an einem eigenen Bundestariftreuegesetz arbeite: „Hier droht ein veritabler Flickenteppich, der mit dem erklärten Ziel des Bürokratieabbaus und der Bürokratievermeidung rein gar nichts mehr zu tun hat.“ Sowohl dem bisherigen Gesetz wie auch dem SPD Änderungsantrag fehle ein klares Ziel. Weder werde dadurch die Tarifbindung gestärkt, noch brauche es mit Bestehen von Mindestlohn- und Arbeitnehmerentsendegesetz einen vergabespezifischen Mindestlohn auf Landesebene.
Die Landesregierung fordern die Unternehmer BW nun auf, nicht nur den SPD-Gesetzentwurf abzulehnen, sondern auch die im letzten Koalitionsvertrag festgehaltenen eigenen Pläne für eine entsprechende Novelle zu begraben. „Ministerpräsident Kretschmann hat richtigerweise 2023 als ‚Kipppunkt für den deutschen Wohlstand‘ bezeichnet und dies damit verknüpft, die
Überbürokratisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft anzugehen“, erinnert Dick: „Diesen Worten müssen nun gerade beim LTMG Taten folgen.“ Wenn man dabei die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag begrabe, sei dies auch kein Umfallen: „Die äußeren Umstände haben sich für jeden Bürger spürbar deutlich geändert. Die eigenen Ziele diesen Umständen anzupassen, zeigt Größe und nicht Schwäche.“